Ein wichtiger Teil mündlichen Prüfung zum Bilanzbuchhalter bei der IHK ist die Abschlusspräsentation, in der du ein komplexes aus der betrieblichen Praxis erfasst, dargestellt, bewertet und gelöst werden muss. Das Thema der Präsentation muss sich auf den Handlungsbereich „Jahresabschlüsse aufbereiten und auswerten“ beziehen. Du benötigst also ein Unternehmen, das Jahresabschlüsse erstellt bzw. erstellen muss. Aber welches Unternehmen ist die richtige Wahl? In diesem Blogbeitrag werde ich einen Mythos und eine Tatsache über die Größe eines Unternehmens aufklären, insbesondere die häufig gestellte Frage: Kann man auch eine Kleinst-/Kleinkapitalgesellschaft für die Abschlusspräsentation in der mündlichen Bilanzbuchhalter-Prüfung wählen?

Darf man auch die Kleinstkapitalgesellschaft für die Prüfung nehmen?

Mythos: Die kleinste Kapitalgesellschaft eignet sich nicht für die Präsentation in der mündlichen Bilanzbuchhalter-Prüfung

Vielleicht hast du schon einmal gehört, dass du für deine Abschlusspräsentation keine Kleinstkapitalgesellschaft oder kleine Kapitalgesellschaft wählen darfst. Ich habe sogar schon von Prüflingen gehört, die fleißig Nullen hinter die Jahresabschlussdaten „gemalt“ haben, nur damit die Gesellschaft nach § 267 HGB in eine höhere Größenklasse fällt.

Aber stimmt es wirklich und was steckt dahinten?

Im Handelsgesetzbuch (HGB) gibt es eine Einteilung von Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellten Personengesellschaften in 4 verschiedene Größenklassen. Dabei werden drei Größenmerkmale betrachtet: Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Anzahl der Arbeitnehmer.

Abhängig von der Größenklasse, der ein Unternehmen zugeordnet ist, wird es entweder als Kleinstkapitalgesellschaft, kleine Kapitalgesellschaft, mittelgroße Kapitalgesellschaft oder große Kapitalgesellschaft eingestuft. Je nach Größenklasse ergeben sich bestimmte Pflichten oder auch Erleichterungen im Zusammenhang mit der Erstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses. Größere Unternehmen müssen dabei detailliertere Unternehmensdaten (gemäß §§ 264, 266 HGB) für das Geschäftsjahr offenlegen und unterliegen strengeren Anforderungen in Bezug auf die Rechnungslegung, Prüfungspflicht und Offenlegung.[1]

So können Kleinstkapitalgesellschaften auf die Erweiterung des Jahresabschlusses um einen Anhang verzichten und nur eine Bilanz bei der das Unternehmensregister führenden Stelle hinterlegen, die von Dritten nur kostenpflichtig eingesehen werden kann. Ziel der Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB) war es, die Bürokratiekosten zu senken, indem der mit der Rechnungslegung verbundene Verwaltungsaufwand reduziert wird. Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind jedoch unabhängig von ihrer Größe immer von diesen Erleichterungen ausgeschlossen, da sie stets einen Jahresabschluss nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften aufstellen müssen.[2]

Der Mythos der Kleinst- und Kleinkapitalgesellschaften rührt vermutlich von der Empfehlung her, solche Unternehmen zu meiden, wenn man darauf angewiesen ist, die Unternehmensdaten aus dem Bundesanzeiger zu entnehmen. Solch eine Empfehlung habe auch ich gegeben – zum Beispiel, in diesem Blogbeitrag. In der Tat sind diese Unternehmen aufgrund bestimmter Erleichterungen kaum verpflichtet, Daten in ihren Jahresabschlüssen zu veröffentlichen, sodass man keine ausreichende Grundlage für die Analyse des Unternehmens hat.

Dies bedeutet, dass es schwieriger sein kann, umfangreiche Daten für die Analyse zu finden, insbesondere wenn du nicht direkt mit dem Unternehmen verbunden bist. In solchen Fällen könnte es daher ratsam sein, auf größere Gesellschaften auszuweichen, da diese in der Regel umfangreichere Informationen in ihren Jahresabschlüssen veröffentlichen.

Fakt: Die Größe der Gesellschaft spielt keine Rolle bei deiner Abschlusspräsentation, wenn du Zugriff auf Daten hast

Hier kommt der Fakt ins Spiel: Es gibt weder in der Prüfungsverordnung [3] noch im DIHK-Infobrief [4] Vorschriften oder Begrenzungen bezüglich der Größe der Gesellschaft, die du zur Analyse wählen darfst.

Der entscheidende Punkt ist, dass die Verfügbarkeit von Daten der Schlüssel ist. Wenn du Zugriff auf Unternehmensdaten hast, sei es durch eine Anstellung oder einen Mandanten, dann spielt die Größe des Unternehmens keine Rolle. In solchen Fällen hast du alle benötigten Informationen, um Analysen durchzuführen und Probleme darzustellen.

Wenn du die Jahresanschlussdaten einer passenden Kleinst- oder Kleingesellschaft hast, die ein perfektes Problem für deine Abschlusspräsentation abwerfen – gor for it! Du musst hier nichts verkünsteln und keine Daten künstlich aufblasen, nur damit das Unternehmen  größer aussieht.

Die geringe Unternehmensgröße kann unter Umständen sogar ein Vorteil sein, da Maßnahmen zur Problemlösung unter Umständen einfacher umzusetzen sind: So ist es z.B. ein Unterschied, ob zur Verbesserung der Eigenkapitalquote im Rahmen von Ratingmaßnahmen eine Kapitalerhöhung von 50.000 EUR oder von 50 Mio. EUR durchgeführt werden muss.

Es kommt also letztendlich darauf an, ob du Zugriff auf die erforderlichen Daten hast. Wenn du in der glücklichen Lage bist, die relevanten Unternehmensdaten einsehen zu können, spielt die Größe des Unternehmens keine entscheidende Rolle. In diesem Fall kannst du auch eine Kleinstkapitalgesellschaft für deine Abschlusspräsentation wählen. Solltest du jedoch Schwierigkeiten haben, ausreichende Informationen zu erhalten, empfiehlt es sich, auf größere Gesellschaften auszuweichen, um sicherzustellen, dass du über genügend Daten für eine gründliche Analyse verfügst.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bei der Auswahl des Unternehmens für die Abschlusspräsentation in der mündlichen Prüfung zum Bilanzbuchhalter IHK keine festen Größenregeln gibt. Der Mythos, dass die kleinste Kapitalgesellschaft ungeeignet ist, ist nicht zutreffend. Wenn du Zugang zu den Daten des Unternehmens hast, ist die Größe nicht entscheidend. Du kannst auch die Kleinstkapitalgesellschaft für deine Präsentation wählen.

Ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Prüfung!

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Quellen:

[1] Schmied, I. (o.J.): Größenklassen in: Haufe Finance Office Premium. Online im Internet: https://www.haufe.de/finance/haufe-finance-office-premium/groessenklassen_idesk_PI20354_HI1137281.html Abruf am 28.05.2023

 
[2] Müller, S. (2023): Voraussetzungen für die Einstufung als Kleinstkapitalgesellschaft. Online im Internet: https://www.haufe.de/finance/jahresabschluss-bilanzierung/microbilg-das-aendert-sich-fuer-kleinstkapitalgesellschaften/alle-aenderungen-im-ueberblick_188_157428.html Abruf am 28.05.2023
 
[3] Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Fortbildungsabschluss Geprüfter Bilanzbuchhalter und Geprüfte Bilanzbuchhalterin-Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung (Bilanzbuchhalter-Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung-Fortbildungsprüfungsverordnung – BibuBAProFPrV). Online im Internet: https://www.gesetze-im-internet.de/bibubaprofprv/BibuBAProFPrV.pdf Abruf am 28.05.2023
 
[4] Information des DIHK (2021): DIHK-Information zum Abschluss Geprüfter Bilanzbuchhalter/Geprüfte Bilanzbuchhalterin – Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung Stand 08/2021 Online im Internet: https://www.ihk.de/blueprint/servlet/resource/blob/5385006/80197d961de0471ad38d77f3cc908cdb/dihk-informationen-data.pdf Abruf am 28.05.2023

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