Eine Kennzahl ist nie das Problem

Eine Kennzahl ist nie das Problem! – Mit solcher provokativen Aussage möchte ich den heutigen – diesmal kurzen – Beitrag anfangen.

 Grund für diese Provokation ist, dass ich die letzten Tage vermehrt die Diskussionen darüber gelesen habe (und auch die Fragen erhalten habe), dass man die Präsentation auf dieser oder jener Kennzahl aufbaut.

Deine Kennzahl ist dein Beweis!

Die Kennzahlen sind für Analysten faktisch das gleiche wie Indizien für die Detektive. Wie ein Indiz nicht die Tat selbst ist, so ist auch die Kennzahl nicht das eigentliche Problem.

Lachnitz und Müller ordnen die Kennzahlen in ihrem Buch „Bilanzanalyse“ als instrumentellen Bausteine der Jahresabschlussanalyse, die durch eine komprimierte, aber präzise Darstellung einen schnellen und umfassenden Überblick über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens ermöglichen.

Kennzahlen informieren in knapper Form über komplexe betriebswirtschaftliche Sachverhalte.

Die Gefahr, die Präsentation nur auf einer bestimmten Kennzahl aufzubauen, liegt vor allem darin, dass man sich von vorne die Komplexität des Problems wegnimmt. Denn die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens beinhaltet gleichzeitig mehrere Aspekte (Dimensionen): Stabilität des Unternehmens, seine Liquidität und aber auch natürlich die Rentabilität.

Und ein komplexes betriebliches Problem betrifft in der Regel mehrere dieser Dimensionen.

Nehmen wir als Beispiel die Kennzahl „Anlagenabnutzungsgrad“. Der Anlagenabnutzungsgrad ist nicht das Problem. Das eigentliche Problem ist das veraltete Anlagevermögen. Und der Anlagenabnutzungsgrad deckt es nur auf. 

Das veraltete Anlagevermögen bedeutet auf der Liquiditätsseite, dass wir bald die Ersatzinvestitionen brauchen werden.

Sollten wir es fremdfinanzieren, verändern diese Ersatzinvestitionen auch unsere Kapitalstruktur, wodurch unsere Stabilität womöglich gefährdet werden kann.

Auf der Rentabilitätsseite kann es bedeuten, dass wir gegebenenfalls nicht effizient produzieren. Dies führt sowohl zu geringeren Zahlungsüberschüssen als auch zu den geschmälerten Gewinnen.

Das alles zusammen ist das Problem, nicht aber die Kennzahl "Anlagenabnutzungsgrad" selbst.

So kommst du zu deinem Problem:

Wenn du bei der Bilanzanalyse eine Kennzahl entdeckst, die „aus der Reihe tanzt“, solltest du deine Theorie über das dahinterliegende Problem auch anhand der anderen Kennzahlen überprüfen.

Wenn sich deine aufgestellte Theorie zu dem vermuteten betrieblichen Problem durch die Kennzahlen anderer Dimensionen bestätigt, hast du bereits den größten Teil der Arbeit erledigt.

Denn mit dieser Analyse hast du das Problem erfasst und beurteilt.

Nun bleibt nur noch, dieses in der Präsentation anhand der aussagekräftigsten Kennzahlen darzustellen (und natürlich auch zu lösen).

Mach dein Thema zum JA-Thema!

In der JA-Checkliste erfährst du, was du bei der Auswahl deines Themas für die Abschlusspräsentation in der mündlichen Prüfung für Bilanzbuchhalter:innen IHK berücksichtigen solltest!

Quellen

„Anlagenabnutzungsgrad – ControllingWiki“ (o. J.): Anlagenabnutzungsgrad – ControllingWiki. Online im Internet: URL: https://www.controlling-wiki.com/de/index.php/Anlagenabnutzungsgrad (Zugriff am: 21.09.2020).

Lachnit, Laurenz; Müller, Stefan (2017): Bilanzanalyse: Grundlagen – Einzel- und Konzernabschlüsse – HGB- und IFRS-Abschlüsse – Unternehmensbeispiele. 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Wiesbaden: Springer Gabler (= Lehrbuch).

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