Ein Mythos und ein Fakt zur Unternehmensgröße in der mündlichen Bilanzbuchhalter-Prüfung (IHK)
Wie groß muss ein Unternehmen eigentlich sein, damit es für die Abschlusspräsentation in der mündlichen BiBu-Prüfung „ausreicht“?
Denn die Abschlusspräsentation ist ein wichtiger Bestandteil der mündlichen IHK-Prüfung zum Bilanzbuchhalter. Dabei sollst du ein komplexes betriebliches Problem erfassen, verständlich darstellen, fachlich analysieren – und natürlich eine Lösung entwickeln. Und das alles soll dem Handlungsbereich „Jahresabschlüsse aufbereiten und auswerten“ zugeordnet sein.
Das bedeutet ganz konkret: Du brauchst ein Unternehmen, das Jahresabschlüsse erstellt bzw. erstellen muss – und idealerweise auch eine Situation, in der genau das zur Herausforderung wird.

Mythos: Die kleinste Kapitalgesellschaft eignet sich nicht für die Präsentation in der mündlichen Bilanzbuchhalter-Prüfung
Doch damit beginnt schon das Grübeln:
Welches Unternehmen ist die richtige Wahl?
Wie groß sollte es sein – oder besser: wie klein darf es sein?
In diesem Blogbeitrag kläre ich zwei zentrale Fragen, die viele angehende Bilanzbuchhalter:innen beschäftigen:
🔍 Einen Mythos und eine Tatsache rund um die Unternehmensgröße in der Abschlusspräsentation –
vor allem mit Blick auf die vielgestellte Frage:
Darf ich auch eine Kleinst- oder Kleinkapitalgesellschaft wählen?
Die Faktenlage: Größenklassen im HGB
Das Handelsgesetzbuch (HGB) unterteilt Kapitalgesellschaften – und ihnen gleichgestellte Personengesellschaften – in vier Größenklassen. Entscheidend sind dabei drei Größenmerkmale:
Bilanzsumme
Umsatzerlöse
Anzahl der Arbeitnehmer:innen
Je nach Ausprägung dieser Merkmale wird ein Unternehmen eingestuft als:
Kleinstkapitalgesellschaft
Kleine Kapitalgesellschaft
Mittelgroße Kapitalgesellschaft
Große Kapitalgesellschaft
Diese Einordnung ist nicht nur Formsache – sie entscheidet über konkrete Pflichten und Erleichterungen bei der Aufstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses.
Größere Unternehmen müssen dabei detailliertere Unternehmensdaten (gemäß §§ 264, 266 HGB) für das Geschäftsjahr offenlegen und unterliegen strengeren Anforderungen in Bezug auf die Rechnungslegung, Prüfungspflicht und Offenlegung.[1]
Erleichterungen für kleinere Kapitalgesellschaften
Kleinstkapitalgesellschaften genießen in vielen Punkten Erleichterungen.
Ein paar Beispiele:
Sie können auf einen Anhang verzichten
Sie müssen nur eine stark reduzierte Bilanz beim Unternehmensregister hinterlegen
Die Daten können von Dritten nur kostenpflichtig eingesehen werden
Diese Erleichterungen nach § 267a HGB sollen vor allem eines tun:
Bürokratiekosten senken, indem der Verwaltungsaufwand rund um die Rechnungslegung reduziert wird.
Aber Achtung:
Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind immer von diesen Erleichterungen ausgeschlossen – unabhängig von ihrer Größenklasse. Für sie gelten grundsätzlich die Anforderungen wie bei großen Kapitalgesellschaften.
Und jetzt zum Mythos
Der Gedanke, dass kleinere Kapitalgesellschaften ungeeignet für die Abschlusspräsentation seien, stammt vermutlich von der Empfehlung her, solche Unternehmen zu meiden, wenn man darauf angewiesen ist, die Unternehmensdaten aus dem Bundesanzeiger / Unternehmensregister zu entnehmen.
Diese Empfehlung – bestimmte Größenklassen zu meiden – habe übrigens auch ich in einem früheren Blogbeitrag ausgesprochen.
Nicht, weil die Unternehmen fachlich ungeeignet wären, sondern weil sie dir schlicht nicht genug Material für eine fundierte Analyse bieten, wenn du keinen direkten Zugang zu Daten hast.
Denn ja:
Wenn du auf Unternehmensdaten aus dem Bundesanzeiger (für alle Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2021 begonnen haben – im Unternehmensregister) angewiesen bist, können solche Gesellschaften tatsächlich problematisch sein.
Sie veröffentlichen in der Regel keine umfassenden Abschlussdaten, weil sie es nicht müssen.
Fakt: Die Größe des Unternehmens ist nicht entscheidend – wenn du Zugriff auf Daten hast
Hier kommt der entscheidende Fakt:
Weder die Prüfungsverordnung [3] noch der DIHK-Infobrief [4] enthalten Vorschriften oder Einschränkungen hinsichtlich der Größe des Unternehmens, das du für deine Abschlusspräsentation auswählst.
Entscheidend ist nicht die Größe – sondern der Datenzugang
Wenn du Zugriff auf Unternehmensdaten hast – sei es durch deine Anstellung oder einen Mandanten –, dann spielt die Unternehmensgröße schlicht keine Rolle. Den Namen empfehle ich sowieso für deine Abschlusspräsentation zu ändern.
Du hast, was du brauchst: Zahlen, Hintergründe, Zusammenhänge. Damit kannst du fachlich sauber analysieren und das Problem überzeugend darstellen.
Du hast die Jahresabschlussdaten einer passenden kleineren Kapitalgesellschaft vorliegen – und das Unternehmen bringt genau das Thema mit, das sich ideal für deine Präsentation eignet?
Go for it!
Du musst nichts verkünsteln, keine Kulisse aufbauen und schon gar nicht die Daten künstlich aufblasen, nur damit die Gesellschaft größer wirkt als sie ist.
💡 Aber, wenn du es dennoch wünschst und es passender zu deinem Thema ist, geht es in meinem Excel-Tool, das in meinen Kursen zur mündlichen Prüfung enthalten ist, mit 2 Klicks.
Weniger ist manchmal mehr: Kleine Unternehmen, klarere Maßnahmen
Die geringe Unternehmensgröße kann unter Umständen sogar ein Vorteil sein – weil Maßnahmen zur Problemlösung oft einfacher und realitätsnäher umsetzbar sind.
So ist es z. B. ein Unterschied, ob zur Verbesserung der Eigenkapitalquote im Rahmen von Ratingmaßnahmen eine Kapitalerhöhung von 50.000 EUR oder von 50 Mio. EUR durchgeführt werden muss.
Kleinere Beträge bedeuten nicht weniger Relevanz – sondern oft mehr Durchführbarkeit und klarere Effekte.
Und das kann deine Lösungsvorschläge in der Präsentation deutlich stärken.
Fazit
Unterm Strich gilt:
Wenn du Zugang zu den relevanten Unternehmensdaten hast, ist die Größe des Unternehmens kein Ausschlusskriterium.
In diesem Fall kannst du auch problemlos eine kleinere Kapitalgesellschaft für deine Abschlusspräsentation wählen – sofern das Thema stimmig ist und fachlich Substanz bietet.
Anders sieht es aus, wenn du Schwierigkeiten hast, an die nötigen Informationen zu kommen.
Dann kann es sinnvoll sein, auf eine größere Gesellschaft auszuweichen – nicht wegen der Größe selbst, sondern um sicherzustellen, dass dir genügend Datenmaterial für eine fundierte Analyse zur Verfügung steht.
Nicht die Größe des Unternehmens ist das Problem – sondern der Zugang zur Datenbasis.
Wenn du direkten Zugriff auf die Daten hast, kann auch eine kleinere Kapitalgesellschaft sehr wohl ein geeignetes Prüfungsthema sein.
Wenn du jedoch auf öffentlich verfügbare Daten angewiesen bist, solltest du überlegen, ob du lieber auf mittelgroße oder große Gesellschaften ausweichst – einfach, weil sie mehr und tiefergehende Informationen veröffentlichen.
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Schau dir an, welcher Kurs zu dir passt. Vielleicht ist das genau der erste Schritt, den du heute für deinen Prüfungserfolg in der mündlichen gehst! 💪✨
Quellen:
[1] Schmied, I. (o.J.): Größenklassen in: Haufe Finance Office Premium. Online im Internet: https://www.haufe.de/finance/haufe-finance-office-premium/groessenklassen_idesk_PI20354_HI1137281.html Abruf am 28.05.2023